Franz Sales Sklenitzka: Drachen haben nichts zu lachen

Ein Ritter mit dem Aussehen eines Dorfschullehrers und einem Herzen aus Gold

Man kennt die ewig repetitive Szenerie: Macht und Geld liegen in den Händen weniger (Ritter), das einzige „Privileg“ anderer ist es, Steuern zu zahlen (Bauern). Wir schreiben das Jahr 1271 und auch die Drachen haben nichts zu lachen: Als Lieblings-Jagdtrophäe des Adels sind sie akut vom Aussterben bedroht. Doch zum Glück bringt jede Zeit auch ihre Helden hervor, manche davon in Antihelden-Gestalt. Tra-ra, tra-ra, tra-ra! (Fanfarenstoß.) Darf ich vorstellen: Ritter Ottokar von Zipp. Pferdelos, dünnbärtig, kurzsichtig, linkshändig. Ein Ritter mit dem Aussehen eines Dorfschullehrers und einem Herzen aus Gold. Zipp hätte sein Leben gern damit verbracht, im Rittersaal bei Kerzenlicht Naturgeschichtsbücher zu lesen. Doch es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn das geliebte Forschungsobjekt Opfer des Artensterbens zu werden droht. Und als Zipp erfährt, dass der Gewinner des nächsten Turniers beim Herzog einen Wunsch frei hat, nimmt er – der noch nie im Leben bei einem Turnier mitgemacht hat – seinen Mut zusammen, um für seine geliebten Drachen ein Abschussverbot zu erwirken.

Es muss anno 1983 gewesen sein, als ich diesen Schelmenroman in die Hände bekam. Ich erinnere mich noch genau, wie ich ihn heimlich unter der Schulbank las und es mir außerordentlich schwer fiel, nicht laut aufzulachen. Selten wurden in einem Kinderbuch Mittelalter, Machtgier und Machogehabe treffender persifliert, kaum ein Antiheld liebenswerter dargestellt als dieser unbeholfene, aber hartnäckige Tierschützer. Geistreich auch, wie Franz Sales Sklenitzka die Absurdität von Prestige-Wettkämpfen aller Art auf’s Korn nimmt, indem er das Turniergeschehen parodiert und das eitle Getue der anderen Ritter vorführt. (Sigmund Silberzahn-Floretto beispielsweise möchte siegen, um sich fortan Goldmund Güldenzahn-Floretto nennen zu dürfen – Austausch des damit in Verbindung stehenden Zahnersatzmaterials inklusive.)

Und schließlich gelingt es dem Autor sogar, die Zufälle und Tricks, durch die Zipp all seine Gegner wortwörtlich aussticht bzw. aussitzt, glaubwürdig erscheinen zu lassen. Selbst für die erwachsene Leserin.

Isabella Stelzhammer


Cover

Franz Sales Sklenitzka: Drachen haben nichts zu lachen

Wien: Jugend & Volk 1981, lieferbar beim Verlag G & G bzw. als Taschenbuch bei Arena