Erwin Moser: Der Rabe Alfons

Im verwunschenen Garten

Einmal nur sah ich ihn. Es war im Wiener Tiergarten Schönbrunn und er stand mitten im Raubtiergehege. Er schien scheu und zurückhaltend, nervös, beinah ängstlich ob der vielen Leute, die ihn umringten und bestaunten, ihn, den Künstler mit der fantastischen Pranke.
Was mir heute wie ein Traum vorkommt, muss wohl 1994 anlässlich der von seinen Verlagen ausgerichteten Feier zum 40. Geburtstag für Erwin Moser geschehen sein.
Erwin Moser muss man nicht weiter vorstellen. Bestenfalls muss man ihn ab und zu wieder in Erinnerung rufen. Seine Erzähl- und Bilderwelt ist in bestem Sinne populär, und alle LeserInnen werden ihren Lieblingstext im Ouevre seiner Tier-Fantasien finden. Mein allererster Moser war „Eisbär, Erdbär und Mausbär“ – Neuauflage bitte! – und mein momentaner Favorit ist „Der Rabe Alfons. Eine märchenhafte Geschichte in dreiundzwanzig Kapiteln von einem Raben, der ein Mensch war, und einem Zauberer, der ein Rabe war“. Mitfühlend und -bangend stapft man hier mit den Helden durch eine Landschaft, die unschwer als die burgenländische Heimat Mosers auszumachen ist. Und der Ton des Erzählers ist so eingängig und direkt, als hockte man mit ihm gemeinsam irgendwo in den Feldern hinter Gols. Eine Verwandlungsgeschichte, die in meinem Bücherregal gleich neben Wilhelm Hauffs Kunstmärchen „Zwerg Nase“ und „Kalif Storch“ stehen darf.

Klaus Nowak


Cover

Erwin Moser: Der Rabe Alfons

Weinheim: Beltz & Gelberg 1990, 200 S., lieferbar