Åsa Lind: Zackarina und der Sandwolf

Meine Tochter liebt dieses Buch!

Dieser Satz wird oft als Argument für die Güte von Literatur vorgebracht. Bloß: Was hat die (im Übrigen nur behauptete) Liebe eines Kindes zu einem bestimmten Buch mit dessen Qualität zu tun? Was liebt ein Kind an einem Buch? Und überhaupt: Viele Kinder lieben Gummibärchen – ändert das etwas an der fragwürdigen Mischung aus Zucker, Glukosesirup, Gelatine, Farb- und Geschmacksstoffen etc.?

Was ich sagen wollte: Meine Tochter hat die Geschichten von Zackarina und ihrem kongenialen Lebens-Trainingspartner Sandwolf, der "alle Antworten auf alle Fragen" weiß, geliebt. Über Jahre hinweg habe ich sie immer wieder vorgelesen. Sie behandeln alle (doch, tatsächlich!) wichtigen Lebensfragen: Warum haben Eltern nie Zeit? Warum wissen Erwachsene nicht, "dass es im ganzen Körper zuckt und knackt, wenn man wächst […] und sind genervt, wenn die Beine zappeln unterm Tisch, wo man doch gar nichts dafür kann?" Was macht man mit einen toten Vogel? Warum gibt es Fahrraddiebe? U.s.w.u.s.f.

Würde man alle Fragen, die Katharina (sich) stellt und der Sandwolf auf seine sehr spezielle Art beantwortet, verallgemeinernd zusammenfassen, klänge das so: Wer bin ich und wer möchte ich sein? Was macht mich glücklich und wie kann ich es erreichen? Wie finde ich Trost, wenn ich traurig bin? Wovor habe ich Angst und wie überwinde ich sie? Was ist gerecht, schön, was ist gut, was ist böse?

Asa Lind hat diese großen Fragen aus dem Kinderalltag formal ebenso groß umgesetzt: dialogisch, humorvoll, aber nie vordergründig witzig; in leichtem Tonfall, immer hintergründig tiefsinnig. Dazu in perfekter Länge und Dramaturgie zum Vorlesen. Außerordentlich haltbar berühren sie noch nach dem x-ten vorlesen. So ist das. Aber warum hat meine Tochter dieses Buch geliebt? Weil es so gut ist? Weil ich es liebe und sie mich …? Weil es uns jahrelang verbunden hat? Oder war ihr das Buch letztendlich egal? Wie auch immer: Ich liebe dieses Buch.

Franz Lettner


Cover

Åsa Lind: Zackarina und der Sandwolf (Originaltitel: Sandvargen)

Aus dem Schwedischen von Jutta Leukel. Mit Bildern von Philip Waechter
Weinheim: Beltz & Gelberg 2004, 120 S., lieferbar