Marlen Haushofer: Brav sein ist schwer!

Eine idyllische Feriengeschichte

Ein Buch, das mit dem Satz "Ich heiße Fredi und bin zehn Jahre alt" beginnt, stammt vermutlich nicht aus dem 21. Jahrhundert. Ich habe es zum ersten Mal in den 1970ern gelesen und war als Sieben- oder Achtjährige begeistert von dieser Feriengeschichte um ein paar Kinder bei ihren Großeltern auf dem Land. So eine schöne Idylle, und die harmlosen „Streiche“ von Fredi, Buz und ihren Cousinen Micky und Lise fand ich richtig lustig. Dass die Figuren bei heutiger Lektüre, ähm, gendermäßig ein klein wenig problematisch gezeichnet sind, war mir damals wurscht. Was jedoch erstaunlicherweise immer noch beim Lesen spürbar wird: Diese ganz besondere, erzählerisch dichte Atmosphäre. Marlen Haushofer konnte einfach richtig gut schreiben, egal für welches Zielpublikum.

Dem Buch merkt man natürlich die Jahre an, die es auf dem Buckel hat – aber für die wohlige Sentimentalität, die einen auch beim Betrachten der Ilon Wikland-Illustrationen befällt, braucht man sich fürwahr nicht zu schämen. Ganz abgesehen davon ist der Text eine Fundgrube für literaturhistorische Betrachtungen, nicht nur was Kindheitsbilder anbelangt. Wobei damals wie heute gilt, was Fredi auf Seite 7 notiert: "Schreiben ist eine furchtbar mühsame Arbeit." Gut, dass es Menschen wie Fredis Tante gibt: "Sie sagt, man kann sich sogar an das Schreiben gewöhnen wie an jede andere Arbeit."

Karin Haller


Cover

Marlen Haushofer: Brav sein ist schwer!

Illustrationen von Ilon Wikland
Wien: Jugend & Volk 1965; lieferbar im Verlag G & G 2013, 220 S.