John D. Fitzgerald: Mein genialer Bruder und ich

Lausbubenstreiche im ländlichen Amerika

„Die meisten unserer Spielgefährten waren Mormonen, aber wir hatten ihnen Toleranz beigebracht. Wir hatten alle drei so gut kämpfen gelernt, bis Sweyn jeden Mormonen in seinem Alter verhauen konnte, Tom jeden Mormonen in seinem Alter und ich jeden Mormonen in meinem Alter. Schließlich ist keiner so tolerant und verständnisvoll wie einer, den man verhauen kann.“

John Dennis und dessen – aus Johns Sicht genialer – großer Bruder Tom Dennis sind wahrlich "Cousins im Geiste" von Tom Sawyer und Huckleberry Finn. Auch sie treiben ihre Lausbubenstreiche im ländlichen Amerika, auch ihr Leben ist geprägt von der brutalen Lebenswirklichkeit der damaligen Zeit (Armut, mangelnde ärztliche Versorgung, Prügelstrafe ...), aber auch sie schaffen es, trotz aller Widrigkeiten und „jugendlichen lödheiten“ immer ein gehöriges Maß an Herzenswärme, Gutmütigkeit, Schläue und Einfallsreichtum aufzubringen.

Die Art und Weise zum Beispiel, mit der Tom Dennis seinem Freund Andy hilft, der nach einer Beinamputation vor dem Selbstmord steht, weil er sich (und sein Vater ihn) fortan als unnützen Esser sieht, erinnert an die Szene, in der Tom Sawyer den weißen Lattenzaun seiner Tante Polly streichen soll: Am Ende sind nicht nur sämtliche häuslichen Pflichten von Tom Dennis erledigt, sondern auch Andy hat gelernt, mit seinem Holzbein umzugehen, und Selbstbewusstsein und Lebenswillen zurückgewonnen.
Tom Sawyer wäre stolz auf die beiden.

Isabella Stelzhammer


Cover

John D. Fitzgerald: Mein genialer Bruder und ich (Originaltitel: The Great Brain)

Aus dem amerikan. Englisch von Sylke Hachmeister. Mit Bildern von Katrin Engelking
Frankfurt: Fischer 2011 (Die Bücher mit dem blauen Band), 272 S., vergriffen
(erstmals 1972 auf deutsch erschienen unter dem Titel „Das hat der Kopf sich ausgedacht“)