John Green & Maureen Johnson & Lauren Myracle: Tage wie diese

„Let it snow. Three Holiday Romances“ lautet der englische Orginaltitel des eben auf Deutsch erschienenen Bandes „Tage wie dieser“, und damit ist schon einiges gesagt. Drei Geschichten, in denen es um die Liebe geht und in denen es schneit. Und zwar gewaltig.

Übersetzt von Barbara Abedi
Würzburg: Arena 2010


„Let it snow. Three Holiday Romances“ lautet der englische Orginaltitel des eben auf Deutsch erschienenen Bandes „Tage wie dieser“, und damit ist schon einiges gesagt. Drei Geschichten, in denen es um die Liebe geht und in denen es schneit. Und zwar gewaltig.

Heiligabend in einer Kleinstadt in Virginia: Ein Schneesturm, der schlimmste seit fünfzig Jahren, legt den Verkehr lahm. Es ist einer der Tage, die anders sind als alle anderen, die alles verändern. Eigentlich wollte Jubilee Weihnachten bei ihrem Freund Noah verbringen, doch dann werden ihre Eltern verhaftet, weil sie im Kampf um die Sammlerstücke eines Keramik-Weihnachtsdorfes in eine Schlägerei geraten. Auf der Fahrt zu den Großeltern bleibt der Zug stecken, und Jubilee strandet im Waffelhaus, wo sie Stuart kennenlernt. Gemeinsam flüchten sie vor vierzehn Cheerleaderinnen, die auch dort einfallen – und verlieben sich ineinander. Diese Cheerleaderinnen wiederum sind das magnetische Ziel für Tobin und JP, die alles auf sich nehmen, um durch den Schnee zu ihnen zu kommen. Währenddessen leidet Addie ein paar Meilen weiter vor sich hin, weil Jed nicht aufgetaucht ist, ihr Freund, von dem sie sich in einer Kurzschlusshandlung getrennt hat und den sie wieder haben will. Was sie nicht weiß ist, dass Jed, der mit Jubilee im Zug saß, im Waffelhaus festhängt …

Diese kursorische Inhaltsangabe zeigt bereits deutlich, welches Konzept hinter dem Projekt steht: Man nehme einen besonderen Tag wie eben Heiligabend, eine Extremsituation wie einen furiosen Schneesturm und lasse seinen Ich-Erzählern und –Erzählerinnen darin freien Lauf. Man setze ihnen pointierte, scharf gezeichnete Nebendarsteller an die Seite und würze das Ganze mit karikaturhaft überzeichneten Situationen und Figuren wie vierzehn entfesselten Cheerleaderinnen in einem Waffelhaus, Fahrten durch den Schnee auf einer Twister-Matte oder Erwachsenen, die sich um Teile des Flobie-Weihnachtsdorfes prügeln und dadurch zu regionaler Berühmtheit aufsteigen. Was dabei herauskommt, ist pures Lesevergnügen, dessen Komik sich auch bei wiederholter Lektüre nicht abnützt.

Cover
„Tage wie diese“ bündelt – ausgehend von Johnsons „Jubiliee Express“ ─ voneinander unabhängig zu lesende und doch stark zusammenhängende Geschichten, in denen drei Autoren bzw. Autorinnen zu einer homogenen Gemeinschaft zusammengefunden haben:
John Green, der schon mit seinen Jugendromanen „Eine wie Alaska“ oder „Margots Spuren“ begeisterte, und die beiden im deutschen Sprachraum noch unbekannteren US-amerikanischen Schriftstellerinnen Maureen Johnson und Lauren Myracle führen exemplarisch vor, dass man auch zu dritt ein Buch schreiben kann. Insbesondere die beiden Texte von Green und Johnson wirken wie aus einem Guss, zelebrieren pointierten Witz und erzählerische Leichtigkeit.

In „Ein cheer unglaubliches Weihnachtswunder“ lebt Green wie schon in seinem Vorgängerband „Die erste Liebe nach 19 vergeblichen Versuchen“ ungebremst seinen Hang zu absurd-komischen Situationen aus, der auch bei Johnson und Myracle zu finden ist. Durchwegs liebenswerte jugendliche Charaktere führen auf den Punkt gebrachte Dialoge, erzählen von Freundschaft, Selbstfindung – und natürlich von der Liebe. Ganz ohne emotionalen Überschwang, völlig kitschfrei – und dabei münden alle drei Geschichten in einem Happy End:
Jubilee wird klar, dass ihr Freund Noah ein egozentrischer Langweiler ist und findet in Stuart ihre neue Liebe. Tobin entdeckt auf seiner Abenteuerfahrt, dass seine beste Freundin, der „Herzog“, eigentlich Angie heißt und ein Mädchen ist, das nicht nur freundschaftliche Gefühle in ihm wachruft. Und Jed findet irgendwann doch noch seinen Weg durch den Schnee zu Addie, für die das Warten einen heilsamen Prozess der Selbsterkenntnis in Gang gesetzt hat.

„Tage wie dieser“ ist ein wunderbares jugendliterarisches Beispiel für die Tatsache, dass gerade auch Liebesgeschichten sehr komisch sein können, ohne ins Lächerliche abzugleiten oder Tiefgang vermissen lassen. Und es lässt sich natürlich immer lesen. Auch zu einer Jahreszeit, in der das Motto „Let it snow“ nur schwer vorstellbar ist.

Karin Haller